Wieder ist es an der Zeit einmal zurückzuschauen. Wir alle hatten gehofft, dass nach 2020 alles besser wird. Aber das vergangene Jahr war für uns das zweite, das durch die Pandemie bestimmt war. Begriffe wie Inzidenz, Hospitalisierung, 3G-Regelung, 2GPlus-Regelung und Boostern hatten einen festen Platz in der täglichen Berichterstattung. Positive Nachrichten musste man regelrecht suchen. Die Auswirkungen der Pandemie hatten erhebliche Auswirkungen auf die Arbeit beim WEISSEN RING. Nicht nur, dass die Neugewinnung von ehrenamtlichen Mitarbeitern sich ausgesprochen schwierig gestaltete und der vereinsinterne Ablauf umgestellt werden musste, waren auch bei der Hauptaufgabe der Opferbetreuung erhebliche Beschränkungen bemerkbar. Ein persönliches Treffen mit Hilfesuchenden war nicht oder dann nur unter Einschränkungen möglich. Das war für alle Beteiligen sehr belastend. Obwohl der Verein durch Schulungen und Fortbildungen der Außenstellenleitungen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter alles unternommen hatte, eine Beratung ohne den persönlichen Kontakt optimal zu gestalten, lief nicht alles optimal. Dass wir nicht immer allen Betroffenen bei ihren Hilfebedarf gerecht wurden, zeigt die recht hohe Anzahl von Betreuungsfällen, die plötzlich abgebrochen wurden oder bei denen die Betroffenen die notwendigen Unterlagen nicht zugesandt haben.
Nun aber die aktuellen Zahlen für das Jahr 2021.
Die Außenstelle Hamburg IV hatte im Jahr 2021 insgesamt in 64 Fällen Opfern von Straftaten mit Hilfe und Unterstützung zur Seite gestanden. Obwohl die Gesamtanzahl der Opferfälle fast gleichgeblieben war, stieg der zeitliche Aufwand auf über 210 Stunden, ein Plus 25 %. Auch die finanziellen Hilfeleistungen sind gegenüber dem Vorjahr auf insgesamt ca. 13.500 Euro angestiegen, entspricht einer Steigerung von 23 %. 20 Hilfeschecks für eine anwaltliche oder psychotraumtologische Erstberatung wurden zur Verfügung gestellt. Jeder Hilfescheck hat einen Wert von 190 Euro. In mehreren Fällen hat der WEISSE RING im Rahmen der Nebenklage im Strafverfahren oder des sozialgerichtlichen Widerspruchsverfahren Rechtschutz gewährt und die Anwaltskosten übernommen. In einem solchen Fall rechnen die Anwältin bzw. der Anwalt direkt mit dem WEISSEN RING ab. Erstmalig erhoben wurde die Zeit der telefonischen Hilfeleistungen bzw. Beratungen, ohne dass erkennbar eine Straftat vorlag. Berücksichtig wurden jedoch nur die Gespräche, die mindestens 15 Minuten gedauert hatten. Der zeitliche Aufwand bei den 67 Beratung betrug ca. 40 Stunden.
Bei den Delikten gab es eine Schiebung zu den Sexualdelikten, die mit 34 % den größten Anteil ausmachten, gefolgt von Körperverletzungsdelikten mit 28 % und Diebstahl mit 9 %. Bemerkenswert ist, dass trotz der Pandemie die Fälle der Partnerschaftsdelikte nicht zugenommen haben.
Der Hinweis auf den WEISSEN RING erfolgt in 19 Fällen durch die Polizei. 13-mal erhielten die Opfer den Hinweis durch eine Beratungsstelle oder eine therapeutische Einrichtung.
Auch 2022 wird Corona die Opferarbeit prägen. Auf langfristige Einschränkungen müssen wir alle uns einstellen. Es bleibt nur zu hoffen, dass die Betroffenen einer Straftat weiter den Weg zum WEISSEN RING finden und wir uneingeschränkt Hilfe und Unterstützung leisten können.